Mylau historisch und virtuell
Arbeitsversion, Stand 2023-06-23

Die kleine Stadt Mylau nannte man früher Perle des Vogtlandes. Historische Ansichten des Ortes belegen dies eindrucksvoll, insbesondere die im 19. Jahrhundert recht zahlreich entstandenen künstlerischen Darstellungen. Seither hat sich im Ort viel verändert, so dass es mitunter schwierig ist, das heutige Stadtbild den alten Abbildungen zuzuordnen.

Versucht wird, vom alten Mylau ein räumliches, digitales Modell zu entwickeln. Dieses soll etwa dem mittleren Drittel des 19. Jahrhunderts bzw. der Zeitspanne 1830 ... 1880 zugeornet sein, also derjenigen Epoche, bevor Gründerzeit, Eisenbahnbau und verschärfte Industrialisierung das Stadtbild tiefgreifend zu verändern begannen.

Grundlage der Modellierung sind im Wesentlichen historische Bilder (Skizzen, Gemälde, auch frühe Fotografien). Um die Position eines Objektes bestimmen zu können, müssen mindestens zwei Bilder vorliegen, auf denen dieses Objekt erkennbar ist. Je mehr Bilder vom selben Objekt vorliegen und je verschiedener die Blickrichtungen dabei sind, desto genauere Positionierung des Objektes kann erwartet werden.
Stadtpläne können in die Modellbildung nur bedingt einbezogen werden, denn ausreichend genaue Pläne gibt es leider erst aus erheblich späterer Zeit, nämlich als von den alten Strukturen schon nicht mehr viel übrig war.
Die Modellierung beinhaltet vorrangig die räumliche Platzierung von Bauten (Häusern, Mauern, Brücken, ...). Details wie Fenster oder Türen werden nur schematisch berücksichtigt und nur so weit, wie sie auf alten Bildern erkennbar und damit historisch belegt sind. Überhaupt wird weggelassen, was nicht authentisch ist. Verzichtet wird deshalb auch weitgehend auf Farben und Vegetation.

Zur Kontrolle des gefundenen Modells werden aus ihm Stadtanschichten abgeleitet, welche möglichst gut zu den realen, überlieferten Ansichten passen. Entsprechend werden in der vorliegenden Darlegung verschiedene historische Stadtansichten gezeigt, jeweils gemeinsam mit einem dazu (wenigstens annähernd) passenden Blick in das Modell.

Inhalt: Blick ...
       1. aus der Vogelperspektive (Gesamtdarstellung)
       2. aus Richtung Reichenbach
       3. aus Richtung Lohe
       4. aus Richtung Rotschau
       5. vom Schützenplatz in Richtung Burg
       6. vom Hain zur Burg
       7. nach oberhalb der Burgstraße
       8. nach Osten
       9. am Farbenhaus Heinrich
       10. von der Felsenschänke
       11. flussaufwärts in Richtung Burg
       12. zu Diaconat und Kirche
       13. zu Kirche und Umgebung
       14. zum (späteren) Cafe Schubert
       15. zur Mündung des Seifenbaches
       16. aus der Ringstraße
       17. nach Westen
       18. aus südlicher Richtung
       19. Schlossmühle - Burg  


1. aus der Vogelperspektive (Gesamtdarstellung)

Da es aus der fraglichen Zeit keine Luftaufnahmen gibt, wird etwas Vergleichbares künstlich erzeugt. Grundlage ist eine Sachsen-Landkarte, welche mit 1793 datiert ist. Weil Mylau und Umgebung dort nur einen relativ kleinen Ausschnitt einnehmen, lässt die Auflösung zwangsläufig einiges zu wünschen übrig (Bild 1.1).
Da alte Höhenangaben recht ungenau sind, wird anhand eines geographischen Höhenprofils aus heutiger Zeit
(https://geoviewer.sachsen.de/mapviewer2/index.html?app=geobak_hoehe&lang=de)
aus der gegebenen (2D-)Karte eine Art 3D-Darstellung erzeugt (Bild 1.2). Der Betrachterstandpunkt ist dabei so gewählt (oberhalb des Wudel), dass der Blick längs der Felsnase des Burgfelsens weist. Diese Blickrichtung vermeidet, dass der Burgberg große Teile der Stadtbebauung (rot) verdeckt. Freilich bleiben die Gebäude hierbei flach. Offenbar konzentrierte sich die frühe Bebauung auf die nahe Umgebung des Burgberges. Vielleicht waren die Täler noch zu unwirtlich, z.B. sumpfig oder hochwassergefährdet.
Eine vergleichbare Sicht wie im Bild 1.2 ist für das Mylau-Modell im Bild 1.3 dargestellt, wobei das erfasste Gebiet etwas kleiner ist.


Bild 1.1: Landkarte aus dem Jahre 1793, Ausschnitt. [Deutsche Fotothek df_dk_0002128 - Meilenblätter von Sachsen]


Bild 1.2: Perspektivische Sicht zu Bild 1.1 (farblich überarbeitet) unter Berücksichtigung des Höhenprofils der Landschaft. Das links im Bild erkennbare Dorf Obermylau wird in die Modellierung nicht einbezogen (vorerst).


Bild 1.3: Blick in das dreidimensionale Mylau-Modell (Gesamtdarstellung zum momentanen Entwicklungsstand)


2. aus Richtung Reichenbach


Bild 2.1: colorierter Stich, ca. 1839



Bild 2.2: Colorierte Radierung von E.R. Naumann: Myhlau gegen Morgen, um 1820


Bild 2.3

Der Weg im Vordergrund bzw. vorn links hieß Röhrensteig. Aus dem Weg vorn rechts wurde später, nachdem er zu einer selbständigen Verkehrsader gemacht worden war, die Reichenbacher Straße (vgl. unter 3.).

3. aus Richtung Lohe


Bild 3.1: Ausschnitt aus der Lithographie von R. Weibezahl: Ansicht von Mylau mit der Göltzschtalbrücke, etwa 1850...1860.


Bild 3.2

Im Unterschied zum obigen Bild hat die Reichenbacher Straße hier noch ihren alten Verlauf. Der neue Verlauf entstand 1847 begleitend zum Bau der Göltzschtalbrücke.

4. aus Richtung Rotschau


Bild 4.1: Unbekannter Künstler, um 1830


Bild 4.2

5. vom Schützenplatz in Richtung Burg


Bild 5.1: Teilbild aus der Bildkomposition "Mylau und seine Hauptgebäuede", vor 1844.


Bild 5.2

6. vom Hain zur Burg


Bild 6.1: Ein vielfach auf Postkarten verwendetes Motiv.
Zur Entstehung ist nichts bekannt. Da aber bereits die neue Kirche zu sehen ist, kann es erst nach 1887 entstanden sein. Die rechts vom Kirchturm erkennbaren Häuser entstanden sehr wahrscheinlich erst nach der Zeitspanne, die für das Modell gewählt wurde.



Bild 6.2

7. nach oberhalb der Burgstraße

Obwohl der Berghang oberhalb der Burgstraße (früher Schloss-Straße) recht steil und damit eigentlich nur schlecht nutzbar ist, hat es dort bemerkenswert viele Häuser gegeben. Dies passt zu der Beobachtung aus Bild 1.2, dass sich das frühe Mylau sehr am Burgberg konzentriert hatte. Offenbar war die längs der Burgstraße verlaufende, bereits aus fernerer Vergangenheit stammende Stützmauer geschickt in den Hausbau einbezogen worden. Unterst%uuml;tzend dafür waren an die Stützmauer Podeste angebaut worden, welche in die Burgstraße hinein ragten. Die beiden Fotografien im Bild 7.1 markieren etwa die beiden Enden der Stützmauer. (Das Teilbild links oben ist ein Ausschnitt aus Bild 6.1.) Im Bild 7.2 sind die nicht zur genannten Problematik gehörenden Häuser weggelassen.


Bild 7.1: Vom Hain zur Burgstraße.


Bild 7.2

8. nach Osten (aus Stadtmitte in Richtung Rotschau)


Bild 8.1: Junkers-Luftbild, aus Deutsche Fotothek df_hauptkatalog_0017281


Bild 8.2

9. am Farbenhaus Heinrich


Bild 9.1: ca. 2010, aus Internet.
Das Farbenhaus Heinrich befindet sich vorn, halb links.



Bild 9.2

10. von (nahe) der Felsenschänke


Bild 10.1: Mylau 1887, aus Deutsche Fotothek: df_pos-2017-a_0000346_010_001-1887


Bild 10.1

11. flussaufwärts in Richtung Burg

Bild 11.1: Foto aus vermutlich um 1880, Ausschnitt (Bilddatei aus Privathand)


Bild 11.2


12. zu Diaconat und Kirche


Bild 12.1: Teilbild aus der Bildkomposition "Mylau und seine Hauptgebäuede", vor 1844.


Bild 12.2

13. zu Kirche und Umgebung


Bild 13.1: Kirche zu Mylau, unbekannter Künstler.


Bild 13.2

Im Unterschied zur Zeichnung beschreibt das Modell eine Situation, als es die Marktschule (in der Zeichnung ganz links) noch nicht gab und sich der Friedhof noch an der Kirche befand (markiert durch eine angenommene Umzäunung). Die beiden Giebel im Hintergrund im linken Drittel der Bilder gehören zur Pfarrwohnung (links) und dem Diaconat (rechts). Insofern ist dies hier die umgekehrte Blickrichtung gegenüber den Darstellungen im Abschnitt 12.

14. zum (späteren) Cafe Schubert


Bild 14.1: Cafe Schubert ("Cafe am Strom"). Aufnahme um 1910, Herkunft unbekannt.


Bild 14.2

Beim Bau des im Bild 14.1. sichtbaren, repräsentativen Vorderhauses wurde der rückwärtig gelegene Altbau, der im Bild 14.2 angedeutet ist, nicht abgerissen, sondern geschickt einbezogen.

15. zur Mündung des Seifenbaches

Der Bereich der Mündung des Seifenbaches war schon im 19. Jahrhundert nach industriellen Anforderungen (der Wollkämmerei) gestaltet worden. Markant war dabei, dass der Bach nicht direkt in die Gölzsch mündete, sondern erst eine gewisse Strecke im Mühlgraben verlief, siehe im Bild 15.2. Das dabei relativ komplizierte Strömungsverhalten war möglicherweise nicht sehr zweckmäßig, insbesondere wenn der Seifenbach Hochwasser führte. Mit dem späteren Bau der Eisenbahnlinie wurde der Seifenbach unmittelbar, nahezu rechtwinklig in die Göltzsch geleitet, wie Bild 15.1 zumindest erahnen lässt. Ähnlich oder vielleicht mit leichter Krümmung hatten Seifenbach und Mühlgraben vormals gemeinsam in der Göltzsch geendet, so wie sich dies aus Bild 1.1 zumindest erahnen lässt.




Bild 15.1: Das betreffende Gebiet nach dem Bau der Eisenbahnlinie, Anfang 20. Jahrhundert.


Bild 15.2: Modell-Darstellung für die Zeit vor dem Eisenbahnbau.

16. aus der Ringstraße


Bild 16.1: Mylau 1872, Fotografie von Hermann Krone


Bild 16.2

17. nach Westen


Bild 17.1: Gemälde im Museum Mylau, 1851, Ausschnitt


Bild 17.2

Der Vergleich zwischen dem Modellbild und dem Gemälde lässt vermuten, dass das Gemälde aus dem Glockenturm der Burg, genauer aus der Glockenkammer heraus entstanden ist.

18. aus südlicher Richtung


Bild 18.1: colorierter Stich von C. Meltzer, ca. 1837


Bild 18.2: Gemälde von Johann Georg Müller, 1848 (Schützenscheibe), Ausschnitt, eigene Aufnahme


Bild 18.3
Der Betracherstandort ist im Bereich Lambziger Str./Netzschkauer Berg, etwas oberhalb des Erdbodens.

19. Schlossmühle - Burg


Bild 19.1: Teilansicht der sogenannten Flachsröste, aus Deutsche Fotothek


Bild 19.2

Die Schlossmühle ist 1876 abgebrannt. Nahe ihres Standortes befand sich später die Flachsröste.
Der Überlauf vom Mühlgraben zur Göltzsch ist mangels verlässlicher Information hier nur angedeutet.


Für die Überlassung historischer Bilder Dank an:
Fehlhauer, Gero
Golle, Claus
Fritz, Angelika
Hoppe, Eberhard
Hoppe, Tim
Igl, Marion
Okhof, Lea Sophie
Seifert, Wolf-Dieter
Schott-Diedek, Christiane
Streit, Thea
Viebahn, Wolfgang
Wunderlich, Rainer
Weißhorn, Jürgen

Kontakt:
dietrich.hoppe.dd@gmail.com




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